Nach langem Hin- und Her und Abwägen der Möglichkeiten entscheiden wir uns, dem Hossanjoki eine Chance zu geben. Die erste Stromschnelle des Hossanjoki, die Niskakoski, befindet sich gleich am Anfang des Flusses, kurz nach dem Ausfluss aus dem See Hossanjärvi. Die Niskakoski soll uns als Nagelprobe dienen, ist hier genug Wasser, dann wagen wir die Weiterfahrt, wenn nicht, dann haben wir von dort aus noch die Gelegenheit umzukehren.Nach einem erholsamen Ruhetag am Hossa Visitor Center schleppen wir unsere

Habseligkeiten also wieder zurück zu unserer letzten Aussetzstelle, bauen die Boote wieder auf und dann geht es los, immer nach Süden auf dem langgestreckten Hossanjärvi.
Anfangs ist es noch sonnig und ruhig, doch während wir paddeln zieht sich der Himmel immer weiter zu. Kräftiger, böiger Wind kommt auf und bald erwischt und mal wieder ein heftiger Wolkenbruch. So gut es geht halten wir uns in Ufernähe im Windschatten. Zum Glück ist der Spuk schnell wieder vorbei und als wir nach 7km Paddelstrecke die Niskakoski erreichen, ist der Himmel wieder freundlich weiß und blau.
Wir steigen aus und betrachten die Lage. Der Wasserstand erscheint gut, eine Durchfahrt sollte problemlos möglich sein. Dem Vorhaben Hossanjoki steht also nichts mehr im Weg. Nach der Mittagspause an der nebenan gelegenen Feuerstelle geht es also weiter. Tatsächlich gelingt die Fahrt durch die einfache Schnelle ohne erwähnenswerte Schwierigkeiten. Es folgt ein kurzer, ruhiger Abschnitt und dann zwei weitere einfache Stromschnellen, die genausowenig Schwierigkeiten bereiten.

Dann folgt die erste von insgesamt zwei WWII Schnellen. Vorsichtshalber steigen wir vorher aus und besichtigen die langgezogene Stromschnelle, die laut Beschreibung auf 450m eine Höhendifferenz von 3,6m aufweist. Auch hier ist die Durchfahrt zum Glück kein Problem, bei dem niedrigen Wasserstand im Moment wird WWII kaum erreicht. Also darf auch Niklas hier ohne Sorge alleine fahren.
Die bald darauf folgende Pystynkoksi ist da schon ein anderes Kaliber. Die Wasserwucht ist hier schon deutlich größer , der Weg zwischen den Steinen entlang jedoch (nach Betrachtung vom Ufer aus) klar und eindeutig.
Erst einmal testet Lars die Durchfahrt alleine mit dem ersten Gepäckboot. Dann fährt er mit dem zweiten Boot voraus und Niklas folgt ihm souverän (und stolz) im „Kinderboot“. Gut gemacht! Nur Jaaku ist etwas verstimmt, dass wir ihm nicht erlauben, die gesamte Stromschnelle ebenfalls alleine zu fahren – dazu hat er noch zu wenig Erfhrung im Wildwasser.
Da es inzwischen später Nachmittag ist, schlagen wir neben der Stromschnelle unser Lager auf und lassen Jaaku zumindest den einfacheren unteren Bereich der Pystynkoski noch mehrfach fahren. Ganz besänftigt ist er damit freilich nicht, und wir müssen ihm hoch und heilig versprechen, im Herbst nochmal zum Wildwasserkanal bei Budweis zu fahren, damit auch er (dann mit voller Ausrüstung inklusive Helm) sein Können in etwas wilderen Stromschnellen ausbauen kann.
Der nächste Morgen beginnt ungewohnt sonnig und warm und das Paddeln ist ein

echter Genuss. Hier und da gibt es noch kleinere Stromschnellen, immer wieder passieren wir beeindruckende Biberbauten, alles ist ruhig und friedlich. Bald erreichen wir die langgestreckte Alakoski, die vorerst letzte Stromschnelle für viele Kilometer. Die Schnelle ist einfach und richtig schön zu fahren und deshalb, und weil das Wetter so gut ist und weil wir Urlaub haben und keinerlei Eile, beschließen wir hier, nach nur 3,5km unsere Tagesetappe zu beenden. Der benachbart gelegene Lagerplatz ist

ebenfalls wunderschön und so vergeht der restliche Tag mit Baden, Stromschnelle Paddeln und in-der-Hängematte-liegen. Der tägliche Platzregen bleibt leider auch heute nicht aus, aber davon abgesehen ist es ein ganz und gar wunderbarer Tag.
Die nächste Etappe ist lang. Etwa 16km sind es bis zum nächsten Lagerplatz. Eigentlich kein Problem, sollte man meinen. Nur ist inzwischen die (von den Stromschnellen abgesehen sowieso sehr geringe Strömung) vollends eingeschlafen. Tatsächlich meint man, auf stehendem Gewässer unterwegs zu sein. Es wird also anstrengend, zumal uns Streckenweise noch kräftiger Gegenwind zusätzlich verlangsamt. Speziell Niklas hat irgendwann ganz schön zu kämpfen.
Die Landschaft ist idyllisch und wunderschön, lädt aber nirgends zum Verweilen ein: dichter, von Unterholz durchzogener Wald wächst bis an die steilen, erdigen Böschungen. Und wo kein Wald ist, ist Sumpf. Wir verpflegen uns mit Snacks und paddeln ohne Pause immer weiter. Statt des üblichen Regens erwischt uns heute ein heftiger Hagelschauer, dessen Ende wir unter überhängenden Büschen am Ufer abwarten. Sonne, Wolken, Wind und komplette Stille wechseln sich ab.
Wir durchfahren ein paar kleinere Seen und erreichen kurz vor dem Ende unserer Tagesetappe den Tormuanjärvi, einen ca. 2,5km langen See. Etwa nach der Hälfte müssen wir nach Osten abbiegen, wo unser Fluß den See verlässt. Die Orientierung ist schwierig, einen Ausfluß aus dem See können wir nicht erkennen, obwohl wir uns sicher sind, auf der richtigen Höhe zu sein. Ein dichter, undurchdringlich wirkender Schilfgürtel versperrt und Sicht und Weg. Wir steheh etwas ratlos davor, wie weiter?

Irgendwann entschließen wir uns, kurzerhand ind Schilf hinein zu fahren, in die Richtung, in der wir den Ausgang vermuten. Und siehe da: das Schilffeld ist gut passierbar, nach ca. 200m lichtet sich der Bewuchs und wir erreichen den Fluß und kurz darauf unseren angepeilten Lagerplatz auf einer kleinen Anhöhe, umgeben von Wasser und Sumpf. Selten war ein Shelter uns so willkommen! Und endlich kommen wir zu einer später warmen Mahlzeit und einer wohlverdienten Pause.
Nach einer erholsamen Nacht brechen wir routiniert unser Lager ab, packen unsere Sachen und starten in einen neuen Paddeltag. Von unserem Ziel, Juntusranta, trennen uns noch gut 13 km, nicht besonders viel also und gut an einem Tag zu bewältigen. Allerdings ist es inzwischen Freitag und der Bus zurück nach Hossa fährt nur an Wochentagen, einmal täglich, frühmorgens. Die Rückfahrt muss also so oder so bis Montag warten. Und so überlegen wir, ob wir zwischendrin noch einmal Halt machen. Mal sehen, entscheiden wir spontan.
Der Flußcharakter ist der gleiche, wie am Tag zuvor: strömungslos, sumpfig, bewaldet. Allerdings künden hier und da auch vereinzelte Häuschen am Wasser von unserer baldigen Rückkehr in die Zivilisation.
Nach etwa 6 Kilometern erreichen wir den Biwakplatz bei der letzten Stromschnelle auf

unserer Fahrt, der Raaninkoski. Hier machen wir Mittagspause. Die Entscheidung zu bleiben oder weiterzufahren nimmt uns das Wetter ab: über die letzten Stunden hat sich der Himmel immer mehr verdüstert und nun setzt ein anhaltender Dauerregen ein. Daher entscheiden wir uns zu bleiben, obwohl der Platz nicht gerade einladend ist: düster, steinig, nur eine winzige Stelle direkt neben dem Feuer eignet sich überhaupt zum Aufstellen unseres Zeltes. Aber das ist noch nicht das schlimmste: der gesamte Platz scheint ein einziger großer Ameisenhaufen zu sein. Riesige, aggressive Waldameisen, die uns ein ums andere Mal mit ihren kräftigen Kiefern schmerzhaft kneifen, wenn sie auf ihren Erkundungsgängen über Arme und Beine auf nackte Haut treffen. Und zu allem Überfluss war uns ein paar Tage vorher der Reißverschluss unseres Innenzeltes kaputtgegangen! Wir hatten den Schaden zwar notdürftig reparieren und den Zipper wieder einfädeln können, es blieb aber ein etwa handbreites Loch an der unteren Ecke. Eine Einladung zur Invasion, gewissermaßen! Mit einem Mückenkopfnetz, einer großzügigen Ladung Mückenspray und ein paar Sicherheitsnadeln versuche ich die Stelle bestmöglich zu blockieren, ob es hilft, wird die Nacht zeigen.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir am Feuer unterm Tarp, machen Popcorn und lauschen dem gleichmäßigen Prasseln des Regens. Nach fast zwei Wochen grau in grau schlägt mir das Wetter langsam aufs Gemüt.