Am nächsten Tag geht es wieder zu Wasser weiter. Gute 4 km sind es auf dem kleinen Flüsschen Somerjoki bis zum nächsten See, dem Laukkujärvi. 4 sehr anstrengende Kilometer, denn wenngleich nach wie vor kein Mangel an Wasser von oben besteht, sieht es mit Wasser von unten ganz anders aus. Und so geht es weiter wie der letzte Paddeltag endete: mit Ruckeln und Ziehen und

Zerren und Treideln, mal über kleine, flache Steine, mal über große Felsbrocken, die sich überall knapp unter oder über der Wasseroberfläche verstecken. Besonders unangenehm ist eine etwas tiefere Strecke. Hier wäre eigentlich ein zügiges Vorankommen möglich – wäre da nicht der Biber gewesen, der den gesamten Flußlauf mit Ästen und kleinen Stämmen gefüllt hat. Hier kann man noch nicht mal aussteigen und ziehen, würde man doch sofort zwischen den Ästen im tiefen Wasser versinken. (Die Kinder haben diese Probleme natürlich mal wieder nur in sehr geringem Ausmaß, meistens rutschen sie über die flachen Stellen einfach hinüber, nur selten müssen sie sich freirütteln oder sogar ziehen)
Um mich nicht zu überanstrengen nehme ich immer wieder Lars Angebot an, mich von ihm ziehen zu lassen, aber irgendwann gebe ich trotzdem auf und wechsle auf den parallel laufenden Wanderweg.
Lars und die Kinder testen verschiedendste Methoden aus, mein Boot weiterzutransportieren. Mal schleppt Lars es an einer Leine ab, mal zieht er beide Boote zu Fuß hinter sich her, mal lässt er es einfach voraustreiben und die Kinder fangen es wieder auf, während er sich mühsam mit geteiltem Paddel voranschiebt. Irgendwann ist die Patentlösung gefunden: auch Lars wechselt auf den Wanderweg, Jaaku sitzt allein im gelben Boot während Niklas die beiden Gepäckboote nacheinander über Flachstellen und leichte Stromschnellen den Fluß hinunternavigiert – sein geringeres Gewicht mach hier einen gewaltigen Unterschied.
Und so ist das Vorankommen zwar noch immer langsam, aber zumindest stetig und Niklas ist zurecht stolz auf seine Hilfe.
Kurz vor dem kleinen Mündungsdelta verlässt der Wanderweg den Fluß. Während ich weiter dem Weg folge, wechselt Lars wieder in den Fluß und belgeitet die Kinder zum See. Das Delta ist so flach und verzweigt, dass es für alle drei fast ein reiner Fluß-Fußmarsch wird. Die wunderschöne Landschaft entschädigt hierfür jedoch.
In einer sandigen Bucht am See holen die drei mich wieder ab. Aber bevor es weitergeht, haben wir uns erst einmal eine längere Mittagspause verdient.
Nach dem Essen geht es gestärkt (und vor allem mühelos) über den See weiter. Auf der anderen Seeseite ist eine kleine offene Wildnishütte eingezeichnet und diese wirkt so einladend mit einem kleinen Sandstrand und umgeben von lichtem Wald, dass wir die Fahrt spontan hier beenden.

Nach und nach wird es sogar richtig sonnig und so verbringen wir einen faulen Nachmittag mit Beerensammeln und in der Hängematte. Die Kinder baden natürlich wieder ausgiebig und heute wage sogar ich mich kurz ins Wasser.
Das schöne Wetter hält leider nicht, der nächste Tag beginnt wieder grau in grau. Heute erwartet uns ein Mix aus kleinen Seen und kurzen Fließstrecken. Das Gröbste haben wir also erst einmal hinter uns, dementsprechend zügig kommen wir heute voran. Dennoch kostet jede noch so kurze Fließstrecke viel Zeit und Kraft.
Am Ende der heutigen Etappe liegt die gut 100m lange Stromschnelle Hakokoski. Mit bepacktem Boot mal wieder ein Labyrinth aus knapp überspülten Steinen, bei dem wir froh sind, als es hinter uns liegt. Für Jaaku dagegen ein ideales Wildwasser-Übungsgelände. Als wir unser Lager am benachbarten Shelter eingerichtet haben müssen wir ihm also wieder und wieder helfen, das Boot die Stromschnelle hinaufzutragen, damit er von Mal zu Mal geschickter hinunterfahren kann.
Der nächste Morgen beginnt leider weniger erfreulich: Jaaku klagt über heftige Bauchschmerzen und da er sonst nicht gerade wehleidig ist, sind wir etwas besorgt und beeilen uns loszukommen (wir sind gerademal ein paar Paddelstunden vom Visitor-Center des Parks und damit von der Anbindung an die Zivilisation entfernt). Wir richten Jaaku also ein provisorisches Lager im gelben Packraft ein und räumen zügig unsere Sachen zusammen.
Ein Rentier, das fast ohne scheu neben dem Shelter umherstreift und durch den Fluß im Wald verschwindet sorgt bei Jaaku für eine kurzzeitige Besserung, aber als wir etwas später in die Boote steigen und aufbrechen siehr er schon wieder arg mitgenommen aus.

Ausnahmsweise scheint die Sonne, aber es weht auch ein scharfer Ostwind. Die ersten Kilometer sind wir gut geschützt, paddeln erst über einen schmalen See, dann folgt eine letzte anstrengende Fließstrecke und ein weiterer See an dessen Ufer entlang wir und nach Süden bewegen. Jaaku wird zum Glück mit jedem Paddelschlag munterer und ist schon bald wieder fast der Alte, unsere Sorgen also zum Glück unbegründet.
Eine kurze Schwallstrecke unter einer Brücke hindurch (diesmal mit gutem Wasserstand und ohne jegliche Grundberührung) trägt uns in den See Kenttäjärvi, wo wir nach Osten hin abbiegen müssen. Und damit beginnt der Kampf gegen den Wind. Zwei Kilometer sind es nur noch bis zu unserem Ziel aber jeder Meter ist hart erkämpft. Wo es möglich ist, nutzen wir den mageren Windschatten kleiner Buchten und Vorsprünge, Paddelschlag um Paddelschlag kämpfen wir uns voran. Niklas, der das gelbe Boot heute alleine paddelt, beißt die Zähne zusammen und hält tapfer Schritt mit uns, aber die Anstrengung ist im deutlich anzumerken.
Endlich haben wir das Ostufer des Sees erreicht. Ein langer, goldener Sandstand liegt

einladend vor uns. Wäre der Wind nicht so kalt, es wäre richtig paradiesisch. An einer nahegelegenen Feuerstelle kochen wir unser Mittagessen, das auch in Jaaku wieder die Lebensgeister weckt.
Dann heißt es „auf zum Visitor Center (und den angeschlossenen Campingplatz)“, das einen guten Kilometer Fußmarsch von unser Anlandestelle entfernt liegt. Eine Menge Schlepperei also, von der wiederum Lars den Löwenanteil bewältigen muss.
Nach diesem, dank des niedrigen Wasserstands unerwartet anstrengenden ersten Teil unserer Tour durch den Hossa-Nationalpark sind die Annehmlichkeiten des Zeltplatz inklusive Dusche und Sauna und dem preiswertem riesigen Mittagsbuffet natürlich hochwillkommen. Wir legen erst einmal einen Pausetag ein und beratschlagen, was wir nun tun wollen: der Peraganjoki, den wir als nächstes paddeln wollten, hat wahrscheinlich ähnlich wenig Wasser, etwas besser sieht es vermutlich auf dem nach Süden führenden Hossanjoki aus. Eine klare Aussage zur Befahrbarkeit kann uns aber auch im Visitor Center niemand geben. Vielbepaddelt scheint die Gegend nicht zu sein.