Südfrankreich (2): mit dem Packraft auf der Ardeche

Sowohl Lars als auch ich haben – unabhängig voneinander – vor vielen Jahren auf der Ardeche unsere ersten Wildwassererfahrungen gesammelt. Von Fluss und Landschaft tief beeindruckt waren wir (vor Geburt der Kinder) nochmal mit ein paar Freunden dort und haben schon lange davon geträumt, diese großartige Schluchtstrecke wieder einmal zu paddeln. Und dieses Jahr war es endlich soweit!

Wie schon im letzten Post erwähnt war uns allerdings das Wetter weniger gut gesonnen.k-CIMG5957 Als wir nach langer Fahrt in Vallon Pont d’Arc ankommen herrscht Waschküchenwetter: warm, wahnsinnig feucht und sehr gewittrig. An den ersten paar Tagen haben wir schöne Vormittage, aber ab dem Mittag bilden sich dann schon gewaltige Wolkentürme die sich bald in heftigen Unwettern entladen,  was den Fluß immer wieder in eine wilde, braune Brühe verwandelt. Und dieses Wetter scheint hier schon eine ganze Weile lang zu herrschen, jedenfalls ist der Wasserstand der Ardeche viel höher als wir es kennen (und das Wasser ist mit 18°C auch viel kühler als erwartet, was die Kinder natürlich nicht vom Baden abhält).

Bei Gewittergefahr wollen wir natürlich nicht in die Schlucht einfahren und so warten wir einige Tage auf stabileres Wetter. Und auch der hohe Wasserstand macht uns etwas Sorgen (mit ca. 70cbm/s ist der Durchfluss nicht mehr sooo weit von der Hochwassermarke entfernt). Ich beschließe also mit Niklas zusammen eine erste kleine vormittägliche Testtour vom Campingplatz bis zum Pont d’Arc zu machen. Auf dieser kurzen Strecke liegen ein paar kleinere Stromschnellen und, ganz zum Schluss, der „Charlemagne“, eine der Schlüsselstellen der Tour – das sollte also für eine grundsätzliche Beurteilung erstmal reichen. Außerdem ist hier bei Problemen jederzeit ein Tourabbruch möglich – in der eigentlichen Schlucht ist das nicht mehr der Fall!

k-CIMG6539Die Testtour verläuft gut. Die kleineren Schnellen sind zwar deutlich wilder als wir sie kennen, aber mit etwas Paddelerfahrung gut handhabbar. Meistens lassen sich die ganz großen Wellen bequem in der Innenkurve umfahren (was allerdings ganz und gar nicht im Sinne meines Sohnes ist). Hier und das steigen wir aus um eine Stromschnelle vorher in Augenschein zu nehmen, auch das ist bei diesem Wasserstand noch möglich.

Und dann kommt „Charlemagne“, der bei Niedrigwasser ein kleines Felslabyrinth ist, bei dem man einfach die richtige Durchfahrt treffen muss. Heute nicht! Die meisten Felsen sind  – zumindest teilweise überspült und das Wasser rauscht  – weithin vernehmbar – wild und wuchtig. Die übliche Durchfahrt (links anfahren, dann nach rechts queren), scheint nach Betrachtung gut machbar. Wir kommen auch gut durch, aber ich bin schon etwas überrascht, wie hoch die Wellen am letzten Felsen schlagen und wir kriegen auch eine ganze Menge Wasser ins Boot. Mit Gepäck würde ich diesen Weg weniger gerne fahren – müssen wir auch nicht, denn bei diesem Wasserstand kann man auch ohne Probleme ganz am rechten Ufer an der Stromschnelle vorbeifahren (oder auch über die Kiesbank auf rechter Seite umtragen).

Ziemlich durchnässt durchfahren wir dann den Pont d’Arc, wo Lars und Jaaku uns schon erwarten. Das gemütliche Baden und Paddeln im ruhigen Wasser um diesen riesigen Felsbogen, der die Ardeche überspannt, wird leider vom nächsten Gewitter abrupt beendet.

Dann bekommen wir endlich doch noch eine kurze stabile Wetterphase. Wir buchen alsok-CIMG7419 eine Übernachtung im Bivouac Gournier (einer der beiden Zeltplätze in der Schlucht) und machen uns auf den Weg. Herrlich ist es, endlich auf dem Fluss zu sein. Die Sonne brennt heiß vom Himmel und zu beiden Seiten wachsen die Felswände mit jedem Kilometer weiter in die Höhe. An den Stromschnellen nehmen wir konsequent die Innenkurve und am Charlemagne schleichen wir uns – nach erneuter Betrachtung – wie geplant rechts vorbei und erreichen diesmal fast komplett trocken den Pont d’Arc. Dort halten wir uns noch eine Weile auf, erkunden per Boot die kleinen Höhlen im Fels und beobachten die Klippenspringer, die immer wieder den Bogen einige Meter weit hinaufklettern und dann mit einem lauten Platschen ins Wasser springen oder fallen.

Hier beginnt auch die eigentliche ca. 24 km lange Schluchtstrecke und ab hier ist ein Tourabbruch nur noch an wenigen Stellen und auch dort nur schwierig möglich. Das meiste hier ist Zahmwasser, bei diesem Wasserstand mit guter Strömung, die einen beständig vorantreibt. Hier und da sorgen kleine Stromschnellen und Schwallstrecken für Abwechslung. Die handvoll größerer Stromschnellen kennen wir alle noch namentlich und wissen in etwa, wo sie liegen. Obwohl die Ardeche jedes Jahr von abertausenden, meist völlig unerfahrenen Paddlern befahren wird, sollte man diese Stromschnellen nicht unterschätzen. Auch bei niedrigem Wasserstand haben wir schon manchen Paddler beobachtet, der verzweifelt versucht hat, sein Boot gegen den Wasserdruck von einem Felsen zu befreien. Umso ernster sollte man das bei dem jetzigen hohen Wasserstand nehmen. Hinzu kommen unterspülte Felsen an einigen Stellen, eine echte Gefahr für unerfahrene Paddler, was leider jedes Jahr auch für einige tödliche Unfälle sorgt.

Es ist noch früh in der Saison und das Wetter der letzten Zeit mag so einigen abgeschreckt haben, und so begegnen wir nach dem Pont d’Arc nur noch wenigen anderen Paddlern. Die Ardeche auf kilometerlangen Abschnitten ganz für uns allein zu haben ist ein völlig neues Gefühl für uns.

k-CIMG7255Wir erreichen den Cirque de la Madeleine, wo der Fluß in einem gewaltigen Felskessel fast einen kompletten Bogen macht. Hier liegt „les Trois Eaux“, die nächste größere Stromschnelle. Ein Anlanden zur Besichtigung ist hier heute nicht möglich, die Kiesbank ist komplett überschwemmt (und bietet damit einen bequemen Schleichweg an der Stromschnelle vorbei). Der berüchtigte „Dent Noire“ ein paar Kilometer weiter, an dem wir schon so manche Kenterung beobachten konnten, ist heute auch in der Innenkurve leicht zu umfahren – wir werden nicht einmal nass!

Weiter geht die Fahrt und wie immer können wir uns an der grandiosen Landschaft nicht sattsehen. Wir passieren den ersten Zeltplatz (Bivouac de Gaud), der derzeit geschlossen ist, immer wieder überlassen wir den Kindern das Paddeln. Auch kleine Schwallstrecken meistern die beiden inzwischen souverän.

Bald vernehmen wir wieder lautes Rauschen: wir haben „Figueras“ erreicht. Nachk-CIMG7495 Begutachtung bietet sich wieder die Innenkurve als bequemer Weg an, aber – nachdem wir Gepäck und Kinder gut auf die andere Seite gebracht haben – siegt dann doch die Verlockung: wir laden das Gepäck ab und fahren die Schnelle im Wechsel noch ein paar Mal, diesmal natürlich nicht in der Innenkurve!

Nach dieser erfrischenden Pause machen wir uns wieder auf den Weg. Bis zu unserem Etappenziel, dem Bivouac Gournier, ist es nicht mehr weit. Als letzte Stromschnelle ist noch der „Gue de Guitard“ zu überwinden, hier gibt es ausnahmsweise keinen Schleichweg. Die Durchfahrt ist hier jedoch ziemlich klar und  – wie in unser Erinnerung – macht auch diesmal der „Gue de Guitard“ einfach Spaß!

Als wir dann Gournier erreichen, ist erst einmal Baden angesagt, bevor wir unser Gepäck hinaufschleppen. Denn, aufgrund der Hochwassergefahr in der engen Schlucht, liegen die Zeltplätze ziemlich weit oben.

Auf dem Zeltplatz sind, außer uns, eine handvoll Einzelpaddler (unter anderem ein sehrk-CIMG7648 nettes südafrikanisches Paar, mit denen wir uns angeregt über ihre und unsere diversen Touren unterhalten und über unsere Packrafts, von denen die beiden ganz begeistert sind). Und zwei englische Jugendgruppen. Sehr große Jugendgruppen. Die während der Nacht die Toilettenanlagen auf wiederlichste Art und Weise verwüsten. So etwas ekeliges habe ich selten erlebt!

Am nächsten Tag wiederholt sich das Muster vom Vortag: alle größeren Stromschnellen sind bequem umfahrbar, Felsen im Fluß, denen man bei Niedrigwasser ausweichen müsste sind komplett unter der Wasseroberfläche verschwunden, die kleineren Stromschnellen dagegen sind of unerwartet spritzig.  Insgesamt empfinden wir den Fluß sogar als etwas einfacher, als bei unseren vorherigen Besuchen (was aber durchaus auch an unser deutlich gewachsenen Erfahrung liegen mag).

Die Sonne brennt heißer als gestern von einem fast wolkenlosen Himmel und wir sind froh um jede Abkühlung. Oft lassen wir uns einfach treiben, oder von den Kindern chauffieren und genießen die Landschaft. Große Raubvögel kreisen am Himmel uns stoßen hier und da nach Beute in die Schlucht hinab. Einmal kommt uns einer dabei ganz nah.

k-CIMG7848Am Cirque des Templiers machen wir eine längere Pause. Hier soll ein kleiner Pfad zu einer Ruine der Templer führen. Bisher waren wir allerdings nie dort. Mit etwas Suchen finden wir den EinstiÊg zum Pfad (hierzu müssen wir ein Stück durchs Wasser waten), dann geht es durch schattigen Wald steil bergauf. Die Ruine – eine ehemalige Leprastation der Templer- ist gut versteckt,  umgeben von den mächtigen Felswänden des Talkessels  und ist tatsächlich sehr sehenswert.

Nach dieser Pause ist es nicht mehr weit bis zum Ende der Schlucht bei Saint Martin. k-CIMG7747Kurz vor dem regulären Ausstieg liegt noch ein kleiner Zeltplatz, Camping des Grottes, der für heute unser Ziel ist. Und dieser Zeltplatz ist einer der ungewöhnlichsten, auf denen wir jemals waren: Unten ist ein winziger Sandstrand, umgeben von Felsen. Eine kleine Kletterpartie bringt einen zu den „Stellplätzen“, einzelnen kleinen, ebenen Stellen, die nur zu Fuß zu erreichen sind, keine zwei befinden sich auf gleicher Höhe und ringsumher geht es steil, felsig und verwurzelt bergauf. Die sanitären Anlagen – auch sehr überschaubar – befinden sich gute 30 Höhenmeter über dem Wasser und zur Straße sind es von dort nochmal gute 10 Minuten zu Fuß (steil bergan natürlich!).

Während ich mich um die Kinder kümmere, paddelt Lars weiter und wird dann ohne Probleme von einem Kanuverleiher mit zurück nach Vallon Pont d’Arc genommen, wo er unser Auto nachholt.

Und damit endet unsere Paddeltour auf der Ardeche – aber es wird sicher nicht die letzte gewesen sein!

P.S.: auch hierzu wird es noch ein kurzes Video geben, aber die Materialfülle dazu ist so groß, das das wohl noch ein bisschen dauern wird.

 

 

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