Grönland im Winter(1) – Anreise

Ein letztes Mal checken wir nervös unser Emailkonto: nein, immer noch keine Nachricht von Ole.

Wir befinden uns in Kopenhagen und sind kurz davor, zum Flughafen aufzubrechen um nach Grönland zu fliegen.  Genau genommen nach Ilulissat, von wo aus wir direkt weiterreisen wollen ins 18km nördlich davon gelegene Rodebay. Nur: unser letzte Stand ist, dass Rodebay auf dem Seeweg nicht zu erreichen ist, zu kalt war der diesjährige Winter, das Meereis ist noch nicht aufgebrochen und erlaubt kein Durchkommen. Einzig der Landweg ist möglich, per Snowmobil oder Hundeschlitten. Aber was aufregend klingt und nach einem echten Abenteuer,  ist vor allem extrem teuer und

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Ostgrönland aus der Luft – Bergspitzen, die aus dem Schnee ragen

nicht unbedingt die Art von Unannehmlichkeit, die man nach einer langen Flugreise noch seinen beiden kleinen Kindern zumuten möchte.

Ole, der Hoteleigner in Rodebay (und nebenbei Bürgermeister von Ilulissat) hatte uns ein paar Tage zuvor über die Gegebenheiten vor Ort aufgeklärt und wollte sich nochmal melden, sobald sich etwas Neues ergibt – danach haben wir nichts mehr von ihm gehört.

Und so brechen wir mit einem etwas mulmigen Gefühl nach Grönland auf und wissen noch nicht, wo wir die nächste Nacht verbringen werden. Zum Glück kennen wir Ole bereits vom letzten Jahr und wissen, dass er zwar eher wortkarg ist, aber absolut zuverlässig – er wird uns schon nicht im Regen stehen lassen  (bzw. in der Eiseskälte des winterlichen Grönland)!

Das Flugzeug ist vollbesetzt und startet bei allerbestem Wetter Richtung Grönland. Wir haben das Glück, zwei Fensterplätze bekommen zu haben und genießen die ungewöhnlich klare Sicht auf Dänemark, später auf Island und dann schließlich auf die Ostküste Grönlands, wo die Spitzen hoher Berge aus dem tiefen Schnee hervorragen. Über dem Inlandeis ist nicht viel zu sehen, bis auf gleißende Helligkeit, aber dann haben wir endlich Kangerlussuaq erreicht. Das Flugzeug fliegt eine weite Schleife und sinkt dann parallel zum Fjord zwischen den umgebenden Hügeln zur Landebahn hinab.

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Flughafen Kangerlussuaq

Aufgrund der Zeitverschiebung landen wir nur eine halbe Stunde nach unserem Abflug um neun Uhr morgens. Es ist eiskalt, -20°C, und wir beeilen uns ins warme Terminal zu kommen.

Zwei Stunden später geht unser Weiterflug nach Ilulissat. Wir nutzen die Zeit, um Ole anzurufen, der auch zum Glück sofort zu erreichen ist.  Die Neuigkeiten allerdings sind weniger gut: noch immer ist Rodebay per Schiff nicht zu erreichen. Er hat versucht, für uns mit einem Vermieter von Snowmobilen einen akzeptablen Preis auszuhandeln, leider aber ohne Erfolg: obwohl der pro Schlitten zwei Personen transportieren kann, verlangt er den stolzen Preis von über 200€ PRO PERSON UND RICHTUNG für die 18 km – nein Danke! Ole ärgert das fast noch mehr als uns, und er erzählt uns von seinen Plänen, ein eigenes Snowmobil anzuschaffen, mit dem er im Winter seine Gäste kostengünstig transportieren kann. Und dann bietet er uns noch –zu einem Sonderpreis – ein Apartment in Ilulissat zur Miete an, dass er vor kurzem gekauft hat. Das nehmen wir natürlich gerne an, und so machen wir uns dann auch wesentlich entspannter auf den Weg nach Ilulissat.

Ole holt uns am Flughafen ab und bringt uns zu einem zweistöckigen grünen Haus

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Wohnanlage am Rand von Ilulissat: unser zu Hause für die nächsten beiden Nächte

hoch oben am Südrand der Stadt mit einem herrlichen Blick auf Ilulissat und das vereiste Meer. Sogar Rodebay ist von hier aus zu sehen!

Direkt unterhalb des Balkons beginnt eine ebene Freifläche, auf der dutzende Schlittenhunde angebunden sind und wo – wie wir die nächsten Tage über beobachten können – ein reger Durchgangsverkehr aus Hundeschlitten und Snowmobilen besteht. Wir sind hier zwar – gegenüber unserer Unterkunft im Ilulissat Guesthouse im letzten Jahr – recht weit „ab vom Schuß“, aber doch sehr viel näher am grönländischen Alltagsleben.

Wir richten uns erst einmal häuslich ein und starten dann zu einem kleinen Spaziergang zur Erkundung der Gegend und zum Einkaufen – natürlich nicht ohne die kleinen bunten Plastikrodel der Kinder, die sofort eifrig in Betrieb genommen werden.

Als wir zurück sind, merkt man den Kindern die Erschöpfung der langen Reise und der Zeitverschiebung deutlich an. Trotzdem lässt es sich Niklas nicht nehmen, mich noch auf einem kleinen abendlichen Ausflug zu begleiten, bei dem wir die Felsen hinter dem Haus erklimmen, bis wir endlich einen ersten Blick auf den imposanten Eisfjord erhaschen können – endlich sind wir wieder hier!

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